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WENDLANDREDEN - Netzwertarbeit

WENDLANDREDEN - Netzwertarbeit

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Podcast mit Bürgermeister Torsten Petersen, Jolande Olschewsky vom Hausbaustellen-Netz und Dennis Dörffel von wendlandfreun.de über Netzwerke im Wendland...

WENDLANDREDEN als RSS Feed: https://anchor.fm/s/e9715914/podcast/rss

Kapitel:

  • ·  00:03:06 - Torsten Petersen: Netzwerke als Unternehmer und Alt-Wendländer
  • ·  00:07:01 - Jolande Olschewsky: Netzwerke durch Haus-Baustellen und solidarische Bauwirtschaft
  • ·  00:11:24 - Dennis Dörffel: Digitale Vernetzung auf lokaler Ebene
  • ·  00:17:48 - Warum Netzwerke im Wendland besonders sind
  • ·  00:29:20 - Ressourcen verfügbar machen durch Teilen und Vernetzen
  • ·  00:33:09 - Digitale und analoge Vernetzung(en) im Wendland

 

Links:

 

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Audio-Transkript

00:00:08 INTRO

00:00:53 WENDLANDLEBEN

Hallo zu WENDLANDREDEN, dem Podcast über Work Life Land und Sinn für gute Zukunft. Wir reden hier mit Menschen aus dem Wendland über Transformationsthemen, die sie konkret erleben und mitgestalten. Heute: "Netzwertarbeit. Egal wo du bist, besser du kennst die richtigen Leute. Über den Wert von Netzwerken im Wendland und das Gefühl, nicht allein zu sein". Mein Name ist Steffen Rudnik. Ich bin seit drei Jahren im Wendland zugezogen und fühle mich nicht allein. Ich arbeite mit Sigrun Kreuser zusammen bei der Agentur WENDLANDLEBEN, eine Initiative, die seit 2017 beim Ankommen und Bleiben in den Landkreis Lüchow-Dannenberg begleitet und Neu-, Alt- und Bald-WendländerInnen vernetzt. Recht erfolgreich.

Wir nehmen diesen Podcast live auf vor Publikum während der Kulturellen Landpartie, der KLP. Es ist das größte selbstorganisierte Kulturfestival Norddeutschlands und zieht jährlich zwischen Himmelfahrt und Pfingsten um die 60.000 Menschen in diesen - Zitat "ausblutenden", - schon lange totgesagten Landstrich, der eine bekannte Geschichte im Widerstand gegen das Atommülllager Gorleben hat. Während dieser Aufnahme kann es natürlich sein, dass ab und zu mal Trecker vorbeifährt, ihr Musik hört oder generell Getrappel und Trubel zu hören ist. Das liegt an der Kulturellen Landpartie hier um den Schafstall herum und ist zu akzeptieren. Das Thema Netzwerkarbeit, als wir uns redaktionell damit auseinandergesetzt haben, worüber wollen wir eigentlich reden? Netzwerk, das haben wir letztlich mit Wendlandleben auch. Wen kann man dazu einladen? Ist immer wieder ein Name gefallen. Und wir freuen uns, dass Torsten Petersen heute hier ist. Auch mit dabei, über die wir uns auch alle freuen, Ist Jolande Olschewsky und Dennis Doerffel von Wendlandfreun.de bzw. dem HausBaustellen-Netz. Danke. Und wir kommen direkt noch mal zu dieser redaktionellen Diskussion. Als es darum ging, über Netzwerke im Wendland zu reden, haben halt alle immer gesagt: der Torsten Petersen! Frag auf jeden Fall ihn, der ist das Netzwerk! Torsten, schön, dass du da bist. Warum sagen das die Leute über dich?

00:03:06 TORSTEN

Ja, vielen Dank, dass ich hier sein darf. Ich weiß es tatsächlich nicht. Natürlich ist man irgendwie, wenn man hier aufgewachsen ist, wenn man hier alles Mögliche gemacht hat an sportlichen Aktivitäten, Vereinsaktivitäten, Netzwerken, Kommunalpolitik, Unternehmer seit 25 Jahren, dann ist ein Name vielleicht irgendwo ein Begriff, aber man selbst weiß ja häufig nicht, wozu man zu gewissen Dingen kommt. Und deswegen: Ja, Netzwerkarbeit ist natürlich bekannt, aber, dass das jetzt der Name sein soll. Freu ich mich.

00:03:41 WENDLANDLEBEN

Du bist also nicht nur der Bürgermeister von Lüchow aktuell, sondern etwa selbst Unternehmer und auch in Unternehmensnetzwerken aktiv. Da kommt man nicht aus Versehen zu. Hast ja auch schon ein bisschen aktiver. Entscheidung dabei. Wie schwer ist es für dich gewesen? Oder würdest du einschätzen, Teil von Netzwerken hier zu sein? Und vielleicht kann es auch einen Abriss darüber geben, in was für Netzwerken du aktiv bist und warum.

00:04:04 TORSTEN

Na ja, ich bin seit 25 Jahren Unternehmer und das erste Netzwerk, das im Grunde genommen damals schon von Blottnitz auf mich zukam und was heute noch vorhanden ist, relevant vorhanden ist, auch gut vorhanden ist, ist die IFU, jetzt in Namenswechsel 'Wirtschaft im Wendland'. Und das begann damals immer in Gabower Bereich. Und da treffen sich einfach Unternehmerinnen und Unternehmer, um sich auszutauschen, um sich fortzubilden und einfach dann auch aktiv in der Region zu sein. Das war das erste. Dann haben wir natürlich auch versucht, aus diesem Unternehmensnetzwerk heraus mal so eine Handwerkerorganisation zu gründen. Die erste war 'Pro Team'. Da merkt man natürlich dann auch, was man so... uhh der Unternehmer oder die Unternehmerin schon eher eigene Interessen als die Gesamtkonstellation nach vorne zu bringen. Dann löst man so was natürlich wieder auf und schaut weiter und guckt in den weiteren Netzwerken. Und das letzte Netzwerk, was jetzt gerade unternehmerisch und unternehmerisch tätig sind, ist das Netzwerk 'BauWerk Wendland', das eher sekundär unternehmerische Ambitionen hat, sondern mehr kultureller Art, letztendlich auch Qualität nach vorne zu bringen der Unternehmen, die dabei sind, um dann dem Kunden zu suggerieren: Also wenn du mit dem oder demjenigen Zusammenarbeit ist, dann kriegst du auch zumindest eine solide und ehrliche Arbeit.

00:05:20 WENDLANDLEBEN

Du hast es gerade schon gesagt, du bist Urwendländer auch. Hilft das dabei, so vernetzt zu sein? Oder hat man die theoretische Chance als Zugezogener auch sich ansatzweise so zu vernetzen, wie du es bist?

00:05:33 TORSTEN

Also die Chance hat man, glaube ich immer. Und letztendlich stellt sich ja die Frage, was gehört zu einem Netzwerk? Und das ist, glaube ich, so, wie es immer grundsätzlich zwischen Menschen ist, dass das Vertrauen das erste Entscheidende und Wichtige ist. Und Vertrauen entsteht natürlich nur, wenn man sich kennen lernt. Das heißt in einer Netzwerkarbeit, lernt man sich kennen. Auch im unternehmerischen Miteinander lernt man sich kennen und dann letztendlich auch schätzen. Und darüber hinaus intensiviert sich das Ganze ja auch.

00:05:59 WENDLANDLEBEN

Gerade eben am Stand war jemand ganz überrascht, dass es überhaupt Wirtschaft im Wendland gibt. Wie groß sind diese? Es ist ja immer wieder einfach ein Vorurteil, mit dem man konfrontiert wird. Ich kann es schon spoilern: Ja, es gibt Wirtschaft im Wendland! Magst du mir sagen, wie viele WirtschaftsvertreterInnen letztlich bei so ein Netzwerken organisiert sind oder zumindest das Vorurteil entkräften?

00:06:21 TORSTEN

Ja, von den Personenzahlen her bzw. Unternehmen sind es nahezu vielfach immer die gleichen Unternehmen, die sich in gewisse Netzwerke einbringen und engagiert dabei sind. Die anderen können nicht, wollen nicht, sehen sich nicht da. Ich weiß es nicht. Wir versuchen natürlich immer möglichst viele Unternehmerinnen und Unternehmer mit einzubinden, aber manche sagen da habe 'ich keine Zeit für',  'nee und ich hab da noch Familie und hab noch das - und mein Unternehmen ist als erstes das Wichtige'. Und ja, da rennt man hinterher. Aber wenn man nicht mitmachen möchte, den lässt man dann sein Ding machen.

00:06:55 WENDLANDLEBEN

Jolande, du hast dein Ding gemacht und bist ins Wendland zugezogen, magst uns erzählen, wie es dazu kam und warum?

00:07:01 JOLANDE

Genau, ich hatte vor sechs Jahren glaube ich, bei YouTube ein Video gesehen von Klemens Jakob. Der hat das Own Home. Das ist ein 100 % autarkes Tinyhaus. Und als ich das Video gesehen habe, ich hatte mich vorher schon mit Tinyhäusern beschäftigt, hat mich diese Idee oder der Gedanke gepackt, in "enkeltauglich" zu leben, also sich wieder an den natürlichen Kreislauf des Lebens einzubinden. Und ja, dieser Gedanke der Autarkie hat mich einfach total fasziniert. Und auch das gesunde Bauen. ich glaube ein Jahr später hat mich die Idee gefasst, ins Wendland zu ziehen. Ich kannte das Wendland schon von einer kulturellen Landpartie und aber auch durch Freunde, die hier wohnen und natürlich auch durch die Castortransporte und die Widerstandsbewegung. Ich hatte wirklich diese Vision, hier im Wendland, dieses Ownhome zu bauen. Und ich habe dann angefangen zu suchen, auch durch das Tiny-Living-Festival hier nach Grundstücken, um hier meinen Traum zu verwirklichen. Bin dann oder bzw. relativ schnell hat mich ein kleiner Resthof gefunden und auf diesem Resthof habe ich jetzt diese Idee verwirklicht. Ganz anders als geplant. Aber genau, so bin ich hier ins Wendland gekommen.

00:08:07 WENDLANDLEBEN

Ich habe auch gebaut und als Geisteswissenschaftler schnell gemerkt, aber vorher schon gewusst, dass man dabei Hilfe braucht und das möglicherweise nicht alles alleine machen kann. Da gibt es ja bereits bestehende Netzwerke. Du hast dich mit einer anderen Art des Netzwerks, was das Bauen angeht, noch auseinandergesetzt...

00:08:24 JOLANDE

Also für mich war ganz wichtig zu schauen, nicht nur wie will ich leben und was das ausmacht und wie das Gefühl dann ist, so zu leben, sondern auch schon in der Zeit des Bauens zu gucken, kann ich da möglichst viel selber machen, vielleicht auch alles selber machen und, dass es nicht dieser Gedanke ist, 'Wenn - Dann'.  also wenn ich endlich in meinem Haus lebe, dann ist alles super. Sondern eben schon in der Baustellenzeit Freude daran zu haben, mit Menschen zu bauen, sich zu verbinden und vielleicht auch das Wissen weiterzugeben, während man baut. Dass Menschen das auch erlernen können das Handwerk. Und so es auch mit dem Ownhome, auch durch die Inspiration von Klemens Jakob dieser Gedanke der 'solidarischen Bauwirtschaft' in mein Leben getreten, und ich bin auf eine Baustelle gefahren in der Nähe von Berlin und habe da eins von diesen Ownhomes mitgebaut von Anfang bis Ende eigentlich fast und habe da Erfahrungen gesammelt mit der solidarischen Bauwirtschaft. Es war eine wunderbare Erfahrung, ein gemeinsames Bauen. Und es hat so viel Spaß gemacht. Da habe ich Menschen kennengelernt, wo ich auch schon gleich gefragt habe, ob die Lust haben, bei mir mitzubauen. Und so ist das dann entstanden, auch bei mir mit der solidarischen Bauwirtschaft zu bauen.

Am Ende war es dann so, dass es gar nicht so einfach war, das bei mir umzusetzen, weil es eine Großbaustelle für ein Tiny Haus ist, weil ich in einem Bestandsgebäude, also das ist ja ein kleiner Resthof ist ein Bestandsgebäude von 1900, diese zwei, also ich hab zwei Ownhomes gebaut, hinein integriert habe. Das ist immer schwer zu erklären, man wenn man kein Bild hat, weil ich nicht noch mal Fläche versiegeln wollte und somit ist es nicht nur eine kleine, ein kleines Tinyhaus, was ich irgendwo auf ein Grundstück gestellt habe, sondern es war viel komplizierter in einem Bestandsgebäude diese Autarkie hinzubekommen. Und das gleich zweimal und eben mit all den Aspekten, die noch dazu kommen, das zu verwirklichen. Und so war es dann, dass zwar in drei Monaten ungefähr 200 Leute bei mir waren und geholfen haben, aber es waren vielleicht eine Handvoll von der solidarischen Bauwirtschaft dabei und das andere waren alles Menschen, die so anderweitig gekommen sind. Genau.

00:10:23 WENDLANDLEBEN

Da kann man von einem aktiven Netzwerk vermutlich sprechen. Noch mal zur Solidarischen Bauwirtschaft: Wie ist das organisiert? Wie erfährt man von Baustellen? Was sind das für Menschen, die dort aktiv sind?

00:10:35 JOLANDE

Momentan ist das eine sehr aktive Telegramgruppe und die Solidarische Bauwirtschaft ist gerade dabei, sich als Verein fest zu gründen. Ich habe jetzt den Fokus so ein bisschen von der Solidarischen Bauwirtschaft weg genommen und habe versucht, es hier aufs Wendland zu beziehen, weil ich gemerkt habe, viele von der Solidarischen Bauwirtschaft, weil das eben um Clemens Jacob herum entstanden ist, sind auch in Süddeutschland und haben im wahrsten Sinne des Wortes ihre eigenen Baustellen. Nicht nur im Außen, sondern auch im Innern. Deswegen war es gar nicht so einfach, die Menschen dafür zu begeistern, jetzt ins Wendland zu kommen und zu helfen. Organisiert ist das Ganze so, dass man entweder über die Telegramgruppe oder über Menschen, die man kennt, helfen kann auf einer Baustelle. Und darüber lernt man dann die Menschen kennen und kann das Handwerk erlernen und relativ schnell auch feststellen, dass man sich gut selber ein Haus bauen kann.

00:11:24 WENDLANDLEBEN

W ir bleiben ja bei der Vernetzung der digitalen Art: Dennis Doerffel, du bist heute als Vertreter u.a. hier, um über Wendlandfreun.de zu sprechen, eine Art Facebook des Wendlands. Magst du uns erklären, was es mit dieser Plattform auf sich hat?

00:11:43 DENNIS

Ja, genauso. Wenn mich Menschen fragen: Wie kann ich mir das vorstellen? Dann sage ich gerne: Das ist im Prinzip wie Facebook, nur ohne Facebook. Wir wissen ja alle, dass wir heutzutage, wir benutzen WhatsApp, Telegram, Facebook, alles Mögliche, und je jünger man wird, desto anders sind die Dinge, die benutzt werden - viele verstehe ich auch nicht. Und dahinter steckt in der Regel immer noch ein sehr großes Interesse. Ob es dabei nun um Geld oder Macht geht oder beides, ist glaube ich inzwischen vielen Menschen klar geworden. Diese "sozialen Netzwerke" sind nicht da, um unbedingt vielen Menschen was Gutes zu tun. Das steht nicht im Vordergrund, sondern letztendlich irgendwo eine Abhängigkeit zu schaffen. Und sie sind eben in der Regel global. Seit vielen Jahren beschäftige ich mich eigentlich auch mit der Idee: 'Wie können Menschen anders zusammenarbeiten?', also weniger in Form einer Pyramide, sondern mehr auf gleicher Augenhöhe. Und was braucht man dafür für Tools? So, und dann kam irgendwann der Moment, wo wir aus England raus-, ich habe 20 Jahre in England gelebt, aus England raus wollten oder mussten wegen Brexit. Ja, Wo ziehen wir hin? Wir kamen ursprünglich aus Schleswig-Holstein, haben dann WENDLANDLEBEN getroffen, also eure Organisation und haben da an den digitalen, damals digitalen Zoom-Meetings teilgenommen, weil wir ja im Lockdown waren, das heißt, wir konnten uns gar nicht treffen und für uns war es natürlich auch gut, weil wir lebten ja eh in England, das heißt, wir konnten teilnehmen und haben uns dann schon aufs Wendland gefreut. So, in England haben wir 20 Jahre gebraucht, um uns ein bisschen zu vernetzen, um mal ein paar Leute kennenzulernen. Das hat ganz schön lange gedauert. Und hier im Wendland, muss ich sagen, ging das extrem schnell, auch dank eben WENDLANDLEBEN und einigen anderen, die geholfen haben.

Aber trotzdem passiert es immer wieder, dass ich irgendwo Menschen treffe und denk: 'Super interessant. Im Moment bin ich grade mit was anderem beschäftigt, aber irgendwann wird das mal Kontakt, mit dem man mal das und das machen könnte vielleicht.'So, wie merke ich mir das? Man kriegt vielleicht eine Karte, man schreibt sich das irgendwo hin, man tippt das in sein Telefon. Paar Monate später, wenn es dann dazu kommt, dass man was machen will, hat man das irgendwie vergessen. Also entstand irgendwie so ein bisschen der Wunsch, eine Plattform zu kreieren, die wie Facebook ist, aber eben ohne Facebook und eben nur fürs Wendland und für Wendländer oder alle, die das Wendland lieben und die auch besser ist als Facebook im Sinne von: die auch wirklich Zusammenarbeit fördern kann. Und dann haben wir eben diese Open Source Software gefunden, die von einer Firma in Deutschland geschrieben wird. Ich gucke immer wie finanzieren sich Dinge. Die Firma finanziert sich darüber, dass sie im Prinzip Software kreiert für Organisationen. Aber die Software, die man selbst runterladen kann, also den Open Source Anteil, den kann man eben kostenfrei runterladen und dann auf dem eigenen Server schieben.

Genau das haben wir getan mit ein paar Leuten zusammen, also Sigrun von WENDLANDLEBEN macht auch mit und seit Anfang des Jahres ist jetzt die Plattform live und wir suchen jetzt also Menschen, die dort mitmachen und sich mit einbringen. So eine Plattform lebt davon, dass Menschen nicht konsumieren, also nicht sich einloggen, sagen: 'Oh, was kann ich hier gucken?', sondern 'Wie kann ich hier mitmachen?' Also im Gegensatz zu Facebook gibt es eben Dinge wie Kalender, To Do Listen, Aktivitäten, man kann Events organisieren, man kann Menschen einladen, man kann Video Calls machen. Also die Möglichkeiten sind, ich will nicht sagen unbegrenzt, es kommen auch immer noch neue Dinge dazu. Dahinter steht also kein wirtschaftliches Interesse und auch kein Interesse, irgendwelche Daten zu verkaufen. Wir wollen irgendwann ein Verein werden und der soll sich dann über Spenden finanzieren. So ähnlich wie Wikipedia, sage ich mal.

00:15:06 WENDLANDLEBEN

Vor allem ihr beiden habt jetzt gerade Netzwerk Optionen, also einmal die Telegram-Gruppe und einmal eine komplette Plattform vorgestellt, die letztlich auch eine Art Exportschlager sein könnten für andere Regionen. Offene Frage an euchdrei: Warum entsteht so was anscheinend eher im Wendland als anderswo? Solche Ideen. Sie ist eben nicht in England entstanden, oder gut, ist jetzt adaptiert, aber das HausBaustellen-Netz, die Telegram Gruppe mit weniger internen Baustellen gibt es jetzt ja auch nicht in Berlin, sondern ist zufälligerweise mit dir hier irgendwie entstanden.

00:15:40 TORSTEN

Fang du mal...

00:15:42 DENNIS

Ich soll anfangen?

00:15:42 TORSTEN

Warum hast du das im Wendland gemacht?

00:15:43 DENNIS

Oder warum sind wir uns Wendland gekommen? Ja, also ich denke mal vorher war ich oder ich bin ich auch immer noch Unternehmer. Also wir hatten eine Firma in England und wir waren 150 % bussy, ja auch mit Burnout und allem. Und die Ressourcen, die wir da übrig hatten, um irgendwas für die Menschen zu tun oder auch für uns selbst, die waren -5 %, also gab es nicht. Keine Zeit für nichts. Und da habe ich irgendwann gesagt, wir müssen dahin kommen, dass das Leben billiger wird, also dass ich einfach billiger leben kann, damit ich nicht so abhängig bin und mich so tot arbeiten muss, dass keine Zeit mehr für nichts übrig ist. Und das war eine Intention. Deswegen wollten wir uns Wendland kommen, weil wir eben gesehen haben, hier sind Häuser noch erschwinglich, hier ist Platz noch erschwinglich, hier gibt es gutes, gesundes Essen etc. etc. Und das ist eben, wo das Leben teuer ist, ist aus meiner Sicht gar keine Zeit mehr, um großartig kreativ tätig zu werden. Kreativität entsteht ja, wenn man Zeit hat. Also... In England entsteht ja viel Kreativität in der Musikbranche. Das liegt unter anderem daran, dass da das Gesundheitssystem kostenfrei ist. Also Menschen können auch dort relativ günstig nicht in Southampton, wo wir waren, leider aber irgendwo anders, relativ günstig leben und dann eben Gitarre und singen und werden dann vielleicht irgendwann ein Star. Also das ist für mich wichtig.

00:17:00 TORSTEN

Aber hat das nicht vielleicht auch ein bisschen mit der grundsätzlichen Kreativität zu tun, aber auch insbesondere der vielen, doch auch Zugereisten, die wir hier haben, die dann nicht zwingend einheimisch sind? Wobei auch die Solidarität innerhalb der Einheimischen in meinen Augen sehr hoch ist, insbesondere auf den Dörfern. Je kleiner die Einheit, umso größer das Miteinander. Ich kann von meinem ersten Haus reden, das habe ich auch fast selber gebaut. Sicherlich nicht ökologisch, weil das vor 30 Jahren noch nicht so war oder vor 35 Jahren, aber mithilfe vieler aus dem Dorf mit eigener Hände Arbeit und 'jetzt muss man eben das Dach gedeckt werden. Wer ist denn da? Kann man anreichern, machen, tun?' Also da ist schon eine hohe Solidarität vorhanden und da hilft man sich dann gegenseitig. Das kann auch ein Grund sein.

00:17:48 JOLANDE

Ja, das sehe ich auch so, ich finde das total spannend. Für mich auch ein Grund, hier ins Wendland zu kommen, weil ich ja in Hamburg aufgewachsen bin und geboren bin. Und ich finde, gerade die Rundlingsdörfer, die das Wendland hier so ausmachen, spiegeln das wieder. Dieser Kern von den Rundlingen, wo man sich treffen kann, abends, wenn man Lust auf Gemeinschaft hat, wo Kinder spielen können und jeder trotzdem seinen Space hat auf seinem Grundstück und man trotzdem so nah an einander ist. Also ich finde diese Rundlinge geben das als Bild ganz schön wieder. Das so der eine Aspekt und ich denke, es ist eine große Offenheit auch da, weil eben gerade viele auch die Probleme oder die Sachen hier kennen, weil alle hier ähnliche Themen auch beschäftigen. Auch durch die Castortransporte und die Widerstandsbewegung, dass eine große Akzeptanz da ist, habe ich das Gefühl. Und eine Offenheit für Menschen, die vielleicht auch anders und andere Gedanken haben Genau.

00:18:37 WENDLANDLEBEN

Wir letztlich als WENDLANDLEBEN, um da mal aus dem Nähkästchen zu plaudern, vernetzen ja letztlich auch und haben sehr gute Erfahrungen gemacht bzw. das Gefühl, dass wir es als eine Agentur, die so eine "abgehängte" Region irgendwo vermarktet, deutlich einfacher haben als andere "abgehängte" Regionen.

00:19:00 TORSTEN

(MUSIK, STIMMEN, MOTORENGERÄUSCHE von draußen) Ah... klassische Pfingst-Bier-Fahrt...

00:19:03 WENDLANDLEBEN

Weil das Land dann einmal einen guten Ruf hat. (HUPEN von draußen) Und es gibt Vernetzungstreffen in anderen Regionen, wo KollegInnen von uns sich wirklich bemühen, mit Anzeigen in der Zeitung, mit Social Media Werbung und diversen Ansprachen, ein paar Leute abends zu einem Bier zusammenzukriegen, damit sie sich vernetzen, ob sie nun neu in der Region sind oder noch gar nicht in der Region oder überhaupt in der Region sind und etwas auf die Beine stellen wollen. Und da sehr, sehr viel Geld reinpumpen, und am Ende kommen zwei Leute. Und wenn wir unser Wendland Einmaleins einmal im Monat am Donnerstag machen, dann ist nach zwei Tagen, nachdem wir das bekannt gemacht haben, Anmeldestopp, weil wir nach 30 Schluss machen und sind ähnliche Leute oft da, ihr seid ja selbst auch regelmäßig Gäste, und es kommen aber auch immer wieder Neue dazu. Es scheint also so eine Offenheit oder so ein Wille zur Vernetzung irgendwie hier noch mal anders vonstatten zu gehen. Wir versuchen ja auch, eben nicht nur die Neuen untereinander in einer Bubble zu halten, sondern auch mit den Neu-, Alt und Bald-WendländerInnen zu arbeiten. Als Alt-Wendländer, wie würdest du das einschätzen, Torsten? Klappt die Vermischung dieser neuen und alten Bubbles von Zugezogenen und Menschen, die hier schon länger wohnen, also sowohl im Anbetracht der Gorleben-Geschichte auch als danach?

00:20:20 TORSTEN

Die Gorleben-Geschichte würde ich mal außen vor lassen. Ich glaube, das Thema ist im Grunde... da ist ein Haken dran. Da hat man sich miteinander gefunden. Die, die grundsätzlich dafür waren früher mal, sind die ja gar nicht mehr dafür, die sind ja auch einsichtig geworden und haben erkannt, dass das eben nicht der richtige Weg ist. Also von daher an der Gorleben-Geschichte kann man einen Haken machen. Das ist, glaube ich, der unterschiedliche Weg, also der klassische Weg der klassischen Unternehmen, die ja, ihren kapitalistisch will ich nicht sagen, aber in erster Linie viele auf Gewinnoptimierung aus sind, um zu sehen, dass sie auch selber zurechtkommen, ihre Familie letztendlich ernähren müssen. Und dann vielleicht der etwas andere Weg, der vielleicht, das ist jetzt nur eine Mutmaßung, ein bisschen mehr auf einer Work-Life-Balance arbeitet, mehr das Miteinander, das Solidarische betrachtet und den gemeinsamen Weg sehe ich momentan noch nicht. Ich weiß nicht. Also wenn du von euren Treffen sprichst, davon weiß ich hier und da natürlich auch. Aber ganz ehrlich manchmal geht es gar nicht mit und ich bin, glaube ich, noch nicht einmal da gewesen. Oder vielleicht einmal am Anfang.

00:21:24 WENDLANDLEBEN

Noch nicht.

00:21:25 TORSTEN

Genau. So, aber da sieht man ja, dass der sehr klassischen Komponente mit der jetzt dargestellten Komponente nicht wirklich zueinander findet, zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht. Also unabhängig jetzt von diesem wendlandfreun.de, das ist eine interessante Geschichte, das könnte ein gutes Miteinander sein. Ja, aber ich glaube, der Weg zueinander, der ist noch ein schwieriger.

00:21:46 WENDLANDLEBEN

Wie nehmt ihr das wahr als die Neuen?

00:21:48 DENNIS

Also für uns war es insofern einfach, weil wir ja auch als Unternehmer hergekommen sind. Das heißt, wir sind auch in einem Unternehmen gezogen und sind da wirklich sehr herzlich aufgenommen worden. Obwohl es ein klassisch, ich sage mal klassisch geführtes Unternehmen ist, würde ich sagen mit der klassischen Wendland-Freundlichkeit aufgenommen worden, auch und der Offenheit. Das finde ich schon bemerkenswert und eben auch die Vielfalt hier. Also ich finde, da ist eine wahnsinnige Bandbreite an Menschen und auch Ansichten und unterschiedlichen Werten, die sich manchmal auch ein bisschen in die Haare kriegen. Schön und gut, das gibt es alles. Ich sage deswegen auch immer, das ist so ein bisschen wie die Großstadt auf dem Dorf. Hier in der Großstadt hat man ja eher die Möglichkeit, Mensch zu finden, mit dem man irgendwie sich verbinden kann, weil es eben sehr viel Vielfalt gibt als häufig auf dem Land. Und hier findet man das eben auch auf dem Land.

Das hat, glaube ich schon was mit den Zugereisten zu tun und mit den Älteren. Und da gibt es teilweise wenig Berührungspunkte. Es gibt aus meiner Sicht vielleicht verschiedene Gruppierungen Wendland. Das eine sind im Prinzip, die irgendwie versuchen, eine andere Lebensform zu finden, ob das Wohngemeinschaften sind oder so wie du das machst, die irgendwie eine Idee haben und eine Vision haben, das möchte ich ausprobieren. Das ist toll, dass man das hier kann. Dann gibt es die klassischen Unternehmen, aber die sind schon auch offen, finde ich.

00:23:03 TORSTEN

Ja.

00:23:04 DENNIS

Weil auch die suchen letztendlich Business. Und dann gibt es noch die Bauern, die sind auch noch mal ein bisschen separat. Also da gibt es auch wenig Überschneidungspunkte, leider. Und das ist auch mir ein Anliegen, das bisschen näher zusammenrücken zu lassen, weil es da natürlich auch tolle Kompetenzen gibt in allen. Ich finde es manchmal schade, dass die Industrie, die hier angelagert ist, also wir waren damals bei RimaTech untergebracht, da ist ein wahnsinniges Potenzial in so einer Firma oder auch Zuther oder oder und und was die können und auch wie die auf dem Weltmarkt eigentlich mal positioniert waren, das ist eigentlich Wahnsinn, da weiß kaum jemand was von. Ich würde mir wünschen, dass man vielleicht mal so eine Art Wirtschaftstour macht und damit ich sag mal normalen Menschen, die oder auch vielleicht mit den ganzen Aussteigertypen und einfach dann, warum ihr dann sagt: 'Guck mal, was die können'.

Und dann kommt vielleicht auch Jolande auf die Idee und sagt: 'Mensch, ich brauche XY!' statt das irgendwie stundenlang im Internet zu suchen und dann von Amazon zu bestellen, das machst du sicherlich nicht. Aber wieso? Oder selbst zusammenzuschweißen oder was auch immer. Vielleicht kann die Firma RimaTech so was herstellen und vielleicht wollen sie sogar ein Produkt daraus machen. Also das mal irgendwie. Aber ich weiß, es klingt ganz einfach so was ein Produkt auf den Markt zu bringen, das haben wir versucht, 20 Jahre lang. Ich will nicht sagen, gescheitert sind wir nicht, aber es war Knochenarbeit. Aber ich weiß, zumindest... habe ich so eine grobe Idee, wie es gehen könnte.

00:24:24 JOLANDE

Ich finde es spannend, auf jeden Fall, weil ich gerade durch die Corona-Zeit -  Ich bin ja kurz vor Corona ins Wendland gekommen, da ganz viel verändert hat in dieser Zeit, habe ich das Gefühl, auf jeden Fall. Am Anfang, in den ersten Lockdowns haben so viele so doll zusammengehalten und ich weiß, dass wir vom ganzen Dorf begrüßt wurden, obwohl Lockdown war, kamen wir einzeln und haben uns willkommen geheißen im Dorf. Und das fand ich ganz besonders. Ich glaube, das gibt es so nicht noch mal und habe dann aber gemerkt, dass so gegen Ende der Corona Zeit jetzt doch eine große Spaltung auch passiert ist, so im politischen Sinne, und das habe ich doch sehr auch zu spüren bekommen. Nicht nur auf meiner Baustelle, sondern auch im Dorf. Da merke ich auf jeden Fall eine Schwierigkeit. Ich glaube aber auch, dass es viel mit der Offenheit zu tun hat. Also zum Beispiel für mich jetzt, Ich versuch zwar, in die Autarkie zu kommen mit meinem Haus und da selbstständig leben zu können. Gleichzeitig versuche ich aber auch, mich zu vernetzen. Und das jetzt nicht nur mit den Menschen, die sich dafür interessieren, sondern eben auch zum Beispiel an der Leuphana Universität, die ja das Cradle to Cradle Programm auch hier im Wendland aktiv verfolgt und da einige Sachen ja auch von wirtschaftlicher Seite sehr offen sind, eigentlich hier Pilotprojekte zu unterstützen, oder...ja, genau. Also da habe ich viel Offenheit auch gemerkt, und ja, ich bin da ganz positiv eingestellt eigentlich.

00:25:49 WENDLANDLEBEN

Es gibt ja auch Leute, die einfach trotzdem keinen Anschluss finden. Sowohl im Privaten, Persönlichen kommt das vor. Das Bullerbü gibt es hier auch nicht und man kann auch Probleme haben. Und auch auf Unternehmensseite ist es auch nicht immer einfach, nehme ich an, hier einfach mal ein neues Unternehmen kurz mal schnell aufzuziehen. Ich persönlich habe den Eindruck immer gehabt, wenn wir als Teil der Wirtschaftsförderung, der wir jetzt sind, mit Unternehmen zusammengearbeitet haben, dadurch, dass es kurze Wege gibt und man sich untereinander kennt, also mein Eindruck war, die UnternehmensvertreterInnen kennen sich und wissen in der Regel irgendwie auch voneinander Bescheid, dass dadurch ein bisschen weniger Konkurrenzdenken hier vorhanden ist. Liegt damit falsch, also romantisiere ich zu viel?

00:26:32 TORSTEN

Generellen Wettbewerb hat man immer am Markt. Und nun haben wir ja auch immer unterschiedliche Zeiten. Die letzten Jahre waren ja mehr davon geprägt, dass man im Grunde genommen sich die Kunden aussuchen konnte, je nach Branche. Jetzt wandelt sich das Ganze wieder ein bisschen und die Unternehmerinnen und Unternehmer gucken schon mal mehr insbesondere im Baubereich gucken schon mal mehr, dass sie wieder Aufträge akquirieren müssen. Und dann ist der Wettbewerb natürlich höher, wenn es im Grunde nur um Verteilen geht, dann sind alle lieb und nett miteinander 'Naja, dann machst du mal das. Du machst das und das ist egal.' Aber wenn es darum geht, dass man wieder Arbeit für seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter braucht, dann musst du natürlich auch zusehen, dass du dann wieder ein bisschen aggressiver über den Preis agierst oder wie auch immer. Also man hat ja als Unternehmer grundsätzlich schon das Interesse, nicht nur Gewinn zu maximieren, sondern letztendlich auch seine Mitarbeitenden zu beschäftigen in erster Linie. Denn es gibt nichts Schlimmeres für einen Unternehmer oder Unternehmerin zu sagen: 'Ich weiß nicht, was ich heute zu tun habe für euch. Ich muss dir, was sie nicht soll, jetzt nach Hause schicken. Oder was soll ich mit dir machen?' Das ist das, was viele nicht sehen. Wenn du zehn Leute irgendwo am Start hast und jeden Morgen musst den sagen oder am Wochenanfang 'ihr macht das und das und das. Aber ja, was ihr am Donnerstag jetzt macht, das weiß ich nicht.' Das sind immer die Aufgaben von Unternehmern, die viele nicht so erkennen. Also von daher ist ein gewisser Wettbewerb am Markt jetzt wieder deutlicher gegeben als vielleicht die letzten vier Jahre.

00:28:01 WENDLANDLEBEN

Und da gibt es sinnvolle Schnittmengen zwischen dem HausBaustellen-Netz letztlich und eigentlich der Bauwirtschaft, die sich gegenseitig befruchten könnten?

00:28:10 JOLANDE

Ja, also erst mal ist das ja ein Open Source Gedanke auch. Und ich denke, gerade hier ist es ganz wichtig, die Baustellen miteinander zu vernetzen. Und zwar egal ob man jetzt 100 % natürlich baut oder autark oder eben ein ganz normales Haus baut, ein Einfamilienhaus. Weil wir haben hier viele Dinge, die sich überschneiden: Zum Beispiel die Denkmalbehörde, die ja bei vielen hier. Zum Tragen kommt.

00:28:40 TORSTEN

(LACHT) Das ist gut gesagt.

00:28:41 JOLANDE

Und da sich zu vernetzen ist, glaube ich ein ganz wichtiges Thema und dann ist es egal im Endeffekt, wie man wirklich gerade baut, sondern da sich gegenseitig zu unterstützen, das ist die eine Sache und die andere Sache: zum Beispiel in der Corona-Zeit, was ich beobachtet habe, es gab einfach keine Handwerker mehr. Also jetzt mal vom Geld abgesehen, dass das alles viel teurer war. Es gab keine Handwerker mehr und da zu gucken, wie kann man da trotzdem weiterkommen auf seiner Baustelle, ob man da mal seinen Nachbarn fragt oder wie auch immer der vielleicht ja sonst auch im wirtschaftlichen Bereich tätig ist, der aber dann am Wochenende sagt 'Komme ich helfe dir mal eben und mach da mal eben was bei dir'. Also da habe ich ganz viele tolle Überschneidungen auch erlebt. Auf jeden Fall.

00:29:20 WENDLANDLEBEN

Wie ich das verstanden habe, geht es ja auch tatsächlich teilweise um Material, was übrig bleibt und das untereinander zu verteilen, was ich, als ich ein Haus abgerissen habe, was man an Material, also an Dachziegeln, die noch gut sind, eigentlich, auch hätte weglegen können, was bei einer riesigen Dachfläche sich nicht lohnt und alle Profis mit denen ich mich unterhalten habe, meinten 'Nein, das ist unwirtschaftlich. Das jetzt runter zu tragen, hinzulegen und darauf zu bauen. Hol den Containern, schmeiß das da rein, fertig. Dann ist es weg.' Anscheind findet ja auch aufgrund von so Ideen zu Ressourcen- und Material-Knappheiten und wie energieintensiv es eigentlich ist, so eine Dachfahne herzustellen ist,  da ein Umdenken statt.  Kommt das bei Bauwerk Wendland oder so, kommt das da entsprechend dann auch an oder wird das schon umgesetzt von den Profis?

00:30:05 TORSTEN

Also die Gedanken sind da dazu tatsächlich also vorhandene alte Baustoffe wieder zu verwerten und wieder zu nutzen. Aber die Wirtschaftlichkeit steht natürlich immer irgendwo im Fokus. Da wo das Denkmalamt mitspielt, da ist es hochinteressant. Dann hast du keine Auflagen, dann musst du manche Pfannen nicht extra anfertigen lassen, weil es sie vielleicht in dem Bereich gibt, wenn wir mal da vorne bleiben oder beim Dachziegel bleiben. Ja, da ist ein Markt vorhanden, aber der nicht einfach ist aufzubauen. Also das wird vermutlich eher so ein Vereinskonstrukt sein. Das könnte mal ein Vereinskonstrukt sein, wo man kooperieren könnte in solchen Bereichen, weil wie gesagt, die wirtschaftliche Komponente ist da sehr schwierig darzustellen. Aber im Holzbereich ist das gleiche: Auch altes Holz, Fachwerkbalken etc. da ist es genau das gleiche.

00:30:50 WENDLANDLEBEN

Ja, ich habe einen halben Winter mit den Resten von Dachlatten geheizt. Das hat geklappt.

00:30:55 JOLANDE

Ich habe gerade wieder hier im Wendland eine Baustelle gehabt, wo jemand einen Haus abgerissen hat auch. Und die haben da ein Seminar draus gemacht und haben gesagt hier wer abbauen will usw Und da kamen viele Leute und haben geholfen und es hat einfach einen riesen Spaß gemacht und man hatte danach saubere Baustoffe, die man sogar wieder verkaufen konnte. Also da kann man ganz anders hier umdenken im Wendland und hier passiert ganz viel in diese Richtung. Das ist meine Beobachtung auf jeden Fall.

00:31:21 DENNIS

Ja, ich denke auch, gerade im Wendland läuft sehr viel über die Netzwerke, also im Moment hauptsächlich Telegramgruppen. Da kann man extrem viel verschenken oder günstig bekommen oder günstig auch wieder weggeben. Also es wird dadurch sehr viel weniger weggeschmissen. Das haben wir gemerkt, die funktionieren extrem gut. Und dadurch, dass die meisten Menschen hier doch ein bisschen mehr Platz haben, sag ich mal so, als das irgendwo in der Großstadt der Fall ist, kann man sich das ja dann doch mal irgendwo hinlegen. Und der Wert von Dingen, das ist immer eine ganz interessante Sache, das haben wir auch in der Firma gemerkt. So eine Schraube kostet irgendwie, sagen wir mal 1 Cent, wenn man die jetzt im 1000er-Pack kauft. So, aber was kostet mich die Schraube, wenn ich sie nicht habe, wenn ich sie brauch?

Also in dem Moment, wo ich dann da stehe und muss meine Arbeit unterbrechen und alle sitzen und sagen Ja, was mache ich jetzt? Ja, umplanen, und was dann? Muss dann einer losfahren, der mit dem Auto durch die Gegend kutschen, halbe Stunde nach Lüchow zum Baumarkt oder bei Amazon bestellen, noch fast noch schlimmer, und warten, nur weil man die eine Schraube nicht hat. Deswegen ist eigentlich das einfach nur mal ein Gedankenanstoß drüber nachzudenken: was ist der Wert von Material? Weil heutzutage sind Sachen teilweise recht billig, aber wenn es mir fehlt, das ist im Moment sehr wertvoll. Oder die andere Frage ist manchmal hat man was, weiß aber nicht wo es ist. Das ist auch wieder so ein Ding.

00:32:33 WENDLANDLEBEN

Vor allem bei viel Platz ist das ein Ding.

00:32:35 DENNIS

Ja, das kann. Da kann viel Platz Nachteil sein, wenn man sich nicht organisiert und dann weil wir haben auch mal wir bestellen, wir müssen 20 bestellen oder was auch immer, sagen wir 20, ich brauche nur 16, dann lege ich mir 4 irgendwo hin. Wenn ich aber dann, wenn ich sie brauche, nicht weiß, wo es ist, dann verbringe ich 2 Stunden mit Suchen und habe es nicht gefunden und muss es dann in Lüchower Baumarkt holen, dafür 1 Stunde durch die Gegend fahren. Dann kostet mich dieses Teil wahnsinnig viel Geld. Und da sind eben diese Netzwerke s ehr gut. Oder vielleicht auch die Gemeinschaft im Dorf, dass man weiß, da kann ich irgendwie mal das bekommen und das läuft hier sehr gut, finde ich.

00:33:09 WENDLANDLEBEN

Ich würde gern noch mal über analoge und digitale Vernetzung ganz noch mal gegeneinanderstellen. Wir haben mittlerweile fast flächendeckend Glasfaser im Wendland, was dazu geführt hat, dass sehr viele Leute hierhergezogen sind, die einfach ihren Arbeitsplatz remote bespielen konnten und haben hier besseres Internet als in Berlin Mitte. Das ist irgendwie ganz schön. Trotzdem hatte man das lange Zeit nicht und war tatsächlich auf Dorfgemeinschaften irgendwie angewiesen. Was toll ist, weil es Bubble-übergreifend irgendwie war. Glaubt ihr, dass im Wendland diese digitalen Vernetzungsmöglichkeiten darum anders genutzt werden? Es liegt ja oftmals auf sowohl bei Plattform als auch in Telegram-Gruppen nicht immer nur heil drin.

00:33:49 DENNIS

Also bei denen, die schon länger hier sind und schon toll vernetzt sind, merke ich manchmal doch Widerstand, weil die brauchen es ja eigentlich auch nicht. Na, die wissen ja schon, wenn ich das und das brauche, dann frage ich den und den und der und der hat. Aber für jemand, der hier neu hergekommen ist, ist es extrem hilfreich und es ersetzt auf gar keinen Fall die analoge Vernetzung. Es macht immer noch einen Unterschied, ob ich jemanden mal getroffen habe und Kaffee mit dem oder mit ihr getrunken habe oder ob ich da jemanden anschreibe. Also wir benutzen bei uns auch Klarnamen und wer will, kann auch ein Foto hochladen. Das hilft ein bisschen. Aber die analoge Vernetzung soll damit auf gar keinen Fall ersetzt werden. Ganz im Gegenteil. Ich kann durch solche Plattformen mir aussuchen, mit wem ich mich zu welchem Zweck treffe. Nicht jede Person ist immer an allem interessiert, sag ich mal, einen Tag will man Rohkost, und nächsten Tag will man über KI sprechen. Das sind vielleicht nicht dieselben Personen, die sich für diese zwei Themen interessieren.

00:34:41 TORSTEN

Beides ist notwendig. Und ich kann das voll und ganz unterstützen. Es ist tatsächlich so, dass man, wenn man etwas braucht, im Regelfall ja schon irgendjemand im Hinterkopf hat und sagt 'Den rufe ich an', das ist wie du sagst. Und das andere ist aber tatsächlich mal zu schnell zu gucken und zu sagen, wo finde ich tatsächlich das eine oder andere Teil? Auch nicht alles bekommt man im Wendland und klar hat man immer noch einen Kumpel, der im Zweifelsfall am irgendwas dreht oder von der SCF mitbringt und da gedreht ist oder von einer anderen Industrie mitbringt, so 'ich habe das dann mal schnell in der Pause gemacht' oder so oder in Aluminium Bereich oder so. Also die Möglichkeit gibt es immer irgendwo, aber manchmal brauchen wir uns einfach auch schneller und man denkt auch manches Mal dann nicht an den analogen Step. Da ist der digitale dann doch schneller. Von daher hilfreich, dass wir das jetzt so intensiv haben im Wendland.

00:35:24 JOLANDE

Und ich habe festgestellt, dass hier im Wendland die Welt doch sehr klein ist und man am Ende doch viele Menschen schon kennt oder kennengelernt hat oder immer wieder auch ganz spannende Vernetzungen da sind, wo man denkt 'Oh, den kenne ich doch oder Diejenige kenne ich doch von einem ganz anderen Kontext'. Und ich glaube, das hat auch zur Folge, dass die Medien hier anders genutzt werden, also zum Beispiel jetzt die Telegram-Gruppen, weil man eben doch auch wenn die Menschen da relativ anonym unterwegs sind, man die doch dann irgendwie relativ schnell kennenlernt und man ist dann doch mal vorsichtiger, was man so schreibt und wen man da so beleidigt, weil hier im Wendland kann das ganz schnell passieren, dass man denjenigen dann doch mal trifft. Und ich glaube, dass auch auf jeden Fall ein Aspekt, der das ausmacht, dass man sehr....also mir haben die Telegram-Gruppen zum Beispiel super gut geholfen, hier anzukommen, Menschen kennenzulernen, auch wenn es nur die Sharing-Gruppe ist, wo man Sachen geschenkt bekommt. Ich habe darüber so dermaßen viele Menschen kennengelernt im Lockdown. Das war für mich sehr wichtig und gut zum Ankommen.

00:36:24 WENDLANDLEBEN

Da kann ich auch Grüße unbekannterweise an die Person, die mir das Ladekabel einfach gegeben hatte, als ich es brauchte und in die Gruppe geschrieben habe. Ich habe ein bisschen was vom Landkreis gesehen, bin mit dem Auto eine halbe Stunde gefahren, hatte danach einfach ein Ladekabel, weil sie es gerade auch nicht braucht und sie sagte danach: Es kann sein, dass sie das vielleicht einfach noch mal wieder braucht. Da wird sie sich dann aber einfach melden. Das würden wir dann schon hinkriegen.

00:36:45 TORSTEN

Also im Dorf heißt das immer: Du hast das Recht, dir die Sachen selber wieder zu holen, Also wenn du dir was leihst und dann bleibt es eben jetzt bei dir und der Eigentümer hat das Recht sich selber wiederzuholen, das heißt zurückbringen ist nicht immer angesagt.

00:37:02 DENNIS

(LACHT) Okay.

00:37:02 TORSTEN

Auch das gibt es schon mal!

00:37:04 WENDLANDLEBEN

Hast du da persönliche Anekdoten, die du genauer. Da geht es um Werkzeuge, vor allem dann?

00:37:09 TORSTEN

Leitern oder nimmst mal den Leiter mit, weil du die gerade brauchst und dann liegt sie da und dann 'Ja, du, die Leiter liegt übrigens da, die brauchst du dir der wieder weg'. Klar.

00:37:20 WENDLANDLEBEN

Also verbindend.

00:37:21 TORSTEN

Also ich habe auch ein altes Gerüst, das habe ich jetzt meinem Lieblingsdorf, in dem ich nicht wohne, aber wo ich aufgewachsen bin, mehr oder weniger, meine erste Frau hatte, mein erstes Haus gebaut habe und den habe ich jetzt mein altes Gerüst gegeben. Da steht das alte, große Stahlgerüst. 'Könnt ihr das unterbringen? Ja, Dann nutzt das da. Bevor ihr mich dreimal fragt und das immer holt, lasst das gleich im Dorf gelagert und dann nimmt ihr das alt, wenn ihr es braucht'. So, und wenn ich es dann tatsächlich mal brauchen sollte, dann werden wir schon uns einig werden - wie du so schön sagtest.

00:37:54 WENDLANDLEBEN

Der Hashtag #dasgerüstimdorflassen.

00:37:54 TORSTEN

(LACHT) Genau!

00:38:02 WENDLANDLEBEN

Wir haben heute gelernt, dass es Netzwerke im Wendland und anderswo gibt, dass sie hier aufgrund von Aktivitäten, von Doppelrollen, die Menschen immer wieder spielen, gut funktionieren, untereinander sich anscheinend auch befruchten können und auch vielleicht Lust bekommen, das eine oder andere vorgestellte Netzwerk einfach auszuprobieren und Teil davon zu werden, wie zum Beispiel vom Wendland Einmaleins-Netzwerk. Das besteht aus E-Mail-Adressen, die ihr bei Sigrun oder mir einfach abgeben könnt, wenn ihr Interesse habt, zu diesen Events eingeladen zu werden oder Neuigkeiten aus dem Netzwerk fürs Netzwerk zu bekommen. Ich würde sagen, nach dieser KLP hier sind wir bei ungefähr 700 bis 750 Adressen von interessierten aktiven Menschen, die sich sowohl gerne austauschen wollen als auch geben und nehmen können.

Das war WENDLANDREDEN: "Netzwertarbeit."

Zu Gast waren Jolanda Olschewsky vom HausBaustellen-Netz, Dennis Doerffel von Wendlandfreun.de und Lüchows Bürgermeister und Unternehmer Torsten Petersen. Mehr Infos zu den Gästen und ihren Initiativen findet ihr in den Shownotes. Mehr Wissenswertes über den Landkreis Lüchow-Dannenberg und die Kontakte zu Sigrun und mir und Infos zum Wendland Einmaleins gibt es auf wendlandleben.de. Meldet euch sehr gerne bei uns, wenn ihr Netzwerke habt, sucht oder einfach mal 'Moin' sagen wollt!

WENDLANDREDEN ist eine Produktion von WENDLANDLEBEN als Teil der Wirtschaftsförderung Lüchow-Dannenberg. Technische Umsetzung: Simon Kamphans.

Weitere Folgen WENDLANDREDEN über Work Life Land und Alternativen findet ihr auf den gängigen Podcastplattformen.

 

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